Große Klappe, nichts dahinter!.

Das wöchentliche Blitzlicht aus dem Landtag

Eine Kolumne von Kerstin Köditz

 

Wir alle kennen das: wenn jemand keine vernünftige Idee zur Lösung eines Problems hat, verbirgt er oder sie das gerne hinter möglichst markigen Worten. Wie der Volksmund sagt: Große Klappe und nichts dahinter. Und wir alle kennen ebenso das Phänomen, dass jemand, der eigentlich die Verantwortung für die Lösung eines Problems hat, gerne mit dem Finger auf andere zeigt und behauptet, dass diese schuldig am Entstehen oder am Fortbestehen des betreffenden Problems seien. Die berühmte Parole:

Haltet den Dieb!

Es wäre schon sehr erstaunlich gewesen, wenn es sich bei Sachsens Skandal-Innenminister Roland Wöller anders verhielte. Ich spreche natürlich vom Fall des 20jährigen syrischen Islamisten, der mit 15 Jahren nach Deutschland kam und nur kurz nach seiner Haftentlassung einen Menschen in Dresden tötete. Er stand unter Führungsaufsicht, wurde vom „Verfassungsschutz“ observiert. Sowohl das Landeskriminalamt als auch der Geheimdienst sind im Zuständigkeitsbereich des Innenministers Wöller. Es leuchtet ein, wenn Verfassungsschutzpräsident Christian gegenüber der Öffentlichkeit erklärt, auch mit einer 24-Stunden-Überwachung hätte die Tat nicht verhindert werden können.

Wöller, der Minister fürs Grobe, hatte schnell eine andere Lösung. Er fordert, dass alle Gefährder sofort abgeschoben werden. Die Forderung mag populär sein, weil sie einfach und schlüssig klingt. Für mich ist sie einfach nur populistisch und unrealistisch. Ich will zunächst daran erinnern, dass Wöller vor kurzer Zeit gemeinsam mit den anderen Innenministern eine Verlängerung des Abschiebestopps nach Syrien beschlossen hat, da die Probleme, die zu diesem Beschluss geführt hatten, sich nicht geändert haben. Schon vergessen, Herr Wöller?

Ersatzweise, so Wöller, soll dann mit Nachbarländern wie Jordanien verhandelt werden, damit diese die Abzuschiebenden aufnehmen. Geht es noch absurder, Herr Wöller? Warum sollten Staaten, die mit den betreffenden Personen nichts zu schaffen haben, diese aufnehmen?

Ja, es geht noch absurder, denn wir sprechen von Sachsen Innenminister.

Er schweigt nämlich einfach darüber, dass es auch islamistische Gefährder gibt, die einen deutschen Pass besitzen. Deutsche aber, so will es das Grundgesetz, dürfen nicht ausgewiesen werden. Punkt. Und er schweigt darüber, dass es auch nicht wenige rechte Menschen gibt, die als Gefährder eingestuft werden, die jederzeit eine schwere Straftat begehen können. Alles Deutsche. Wohin will er die abschieben?

Wenn es denn eine funktionsfähige syrische Regierung gäbe, zu der die Bundesrepublik die entsprechenden diplomatischen Beziehungen pflegte, dann würde diese zu Wöllers Ansinnen wohl sagen: Warum sollen wir den aufnehmen? Der hat sich doch bei euch, in Deutschland, überhaupt erst radikalisiert! Wir haben selbst genug Probleme mit Islamisten, die mit Waffengewalt gegen den Staat kämpfen.

Dem ist nicht zu widersprechen. Und leider ist es einfach so, dass auch mit sehr viel Um- und Vorsicht nicht jedes Verbrechen zu verhindern sein wird. Was Herr Wöller tun sollte statt markige Worte zu schwingen? Zum Beispiel die Programme zu Deradikalisierung und Radikalisierungsprävention besser ausstatten. Zum Beispiel mehr für die Integration gerade junger Menschen tun. Gute Möglichkeiten zum Handeln hätte er viele. Markige Worte zu schwingen, das ist allerdings kein geeignetes Mittel.